Über Genforschung und die Risiken, die mit der gezielten Veränderung eines Genpools einhergehen können, wird viel diskutiert. Dieses Thema ist nicht nur im Bereich Ernährung oder Landwirtschaft zu finden, sondern auch in der medizinischen Branche gewinnt es immer mehr an Bedeutung.
Weshalb sind Gene interessant?
In unserer DNA sind die neben verschiedenen weiteren Informationen auch die Ausprägungen für unterschiedliche Merkmale, wie Augenfarbe und Körpergrösse gespeichert. Die DNA (Desoxyribonukleinsäure) besteht aus zwei in sich gedrehten Strängen, die miteinander verbunden sind. Diese Struktur wird oft auch “Doppelhelix” genannt. Die menschliche DNA enthält etwa 3,2 Milliarden Basenpaaren und speichert Erbgutinformationen in Form von Genen. Unter einem Gen versteht man also einen Abschnitt auf der DNA.
Nach jahrelanger Forschung wurde 1953 die DNA in ihrer heute bekannten Form der Doppelhelix entdeckt. Die genaue Abfolge der entschlüsselten menschlichen DNA ist seit 2003 bekannt, das genaue Zusammenspiel ist allerdings sehr komplex und noch nicht vollständig erforscht.
Wenn Gen-Mutationen zu Krankheiten führen
Wenn nicht alles so funktioniert wie es soll, können aber auch Probleme entstehen. Einige Krankheiten haben ihren Ursprung in fehlerhaften Genen, zum Beispiel in Form von Mutationen. Das bedeutet, dass sich das Erbgut dauerhaft verändert hat, genauer gesagt verändert sich die entsprechende Basen-Sequenz. Dies kann negative Folgen für den Betroffenen nach sich ziehen. Solche Gen-Mutationen können entweder aufgrund von äusseren Umständen entstehen oder aber auch über mehrere Generationen vererbt werden.
Chancen der Genforschung dank CRISPR/Cas9-Technik
Im Jahr 2012 wurde die CRISPR/Cas9-Technik entwickelt, die auch als “Gen-Schere” bekannt ist. Mit Hilfe dieser Technik können bestimme Regionen am Genstrang gezielt angesteuert werden und die DNA kann im übertragenen Sinn zerschnitten werden, um eine Reparatur von defekten Genen vorzunehmen. Das Protein Cas9 fungiert dabei als „Schere“, die gezielte Reparaturen möglich macht und die DNA-Bausteine so verändern kann. Das ist möglich, weil das Protein die Gen-Sequenz des Zielbereichs enthält. Bisher war es bei der klassischen Gentechnik ein Zufall, an welcher Stelle das neue Gen integriert wurde. Folglich ist die Gen-Schere eine grosse Chance vor allem für Erbkrankheiten, aber auch für schwere Erkrankungen wie Krebs oder Aids. Um erfolgreiche Ergebnisse bei der Behandlung von Krankheiten durch eine Veränderung der DNA erzielen zu können, ist die genaue Lokalisation der entsprechenden Abschnitte essenziell.
Risikoschätzungen mithilfe von Genforschung
Mit Hilfe der Genforschung ist es möglich, Krankheitsrisiken einzuschätzen. Eine wichtige Grundlage hierbei bilden die sogenannten Omics, die für die Erfassung und die Analyse von Biomarkern verwendet werden. Ausserdem können Informationen über Vorhersagen der Wirksamkeit von Medikamenten und des Risikos von Nebenwirkungen aus den Daten gezogen werden. Diese Methodik hilft beispielsweise im Rahmen von Krebserkrankungen: Hier wird der Nutzen einer Chemotherapie vorhergesagt, um unnötige Therapien zu vermeiden und so dem Körper unnötige Belastung zu ersparen.
Die neuen Technologien, wie Machine Learning, Big Data und künstliche Intelligenz, verkürzen dabei den Zeitaufwand von Analyse und Auswertung besonders bei grossen Datenmengen.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Bisher gibt es allerdings noch Schwierigkeiten bei der Umsetzung der theoretischen Genforschung. Das erste Problem ist die langsame Einbindung, da diese zeitaufwändig ist und technische Grundlagen notwendig sind, die in vielen Einrichtungen fehlen. Ein fehlendes technisches Verständnis ist ein weiteres Problem, das behoben werden muss, bevor diese Technologien verstärkt genutzt werden können.
Eine ganz andere Herausforderung der Genforschung ist der Umgang mit den vielen kritischen Stimmen in Bezug auf die Ethik: Ist es ethisch vertretbar, bestimmte Gene gezielt zu verändern? Zu diesem Punkt gibt es unterschiedliche Meinungen: Kritische Stimmen sagen, dass es nicht im Sinne der Natur ist, dass Menschen gentechnisch verändert werden. Die Frage nach den Grenzen der Genforschung ist eine weitere schwierige Thematik: Wohin führen die Anwendungen von Genforschung? Werden „perfekte Babys“ bald Normalität werden? Gerade die Verwendung der „Gen-Schere“ steht dadurch in starker Kritik.
Fazit
Es ist wichtig, bei dem Thema Genforschung zu differenzieren: Auch wenn theoretisch die Möglichkeit besteht, in der Zukunft „perfekte Menschen“ zu erzeugen, birgt die Genforschung auch grosses Potential, denn bisher unheilbare oder nur schwer heilbare Krankheiten könnten besser behandelt werden, sodass weniger Menschen daran sterben müssten. Die „Gen-Schere“ ist nur ein Beispiel für die vielversprechenden Methoden der Genforschung. Allerdings braucht es, wie bei den meisten Innovationen und neuesten Techniken, eine gewisse Zeit bis insbesondere die technische Umsetzung möglich ist und dann auch angewandt werden kann.