Immer mehr Menschen setzen auf moderne Methoden der Empfängnisverhütung, um ihre Familienplanung selbstbestimmt und sicher zu gestalten. Wir haben drei Entwicklungen genauer betrachtet.
Trotz des steigenden Bewusstseins in der Bevölkerung für die Themen Sexualität und Verhütung fällt vielen Paaren die Wahl der richtigen Methode noch immer schwer: Auch heute fehlt es oft an Informationen über verschiedene Möglichkeiten sowie mögliche Risiken und Nebenwirkungen einzelner Kontrazeptiva. Insbesondere in ländlichen Gebieten erschwert der schlechte Zugang zu Verhütungsmitteln und -dienstleistungen eine selbstbestimmte und sichere Verhütung. Dennoch lassen sich in den letzten Jahren Veränderungen und Trends beobachten. Wir betrachten drei Innovationen und Entwicklungen im Bereich der Empfängnisverhütung.












Trend 1: Personalisierte Verhütung
Personalisierte Medizin beschreibt den Ansatz, Diagnostik und Behandlung an die individuellen Bedürfnisse und Merkmale des einzelnen Patienten anzupassen. So stimmen auch immer mehr Personen ihre Verhütungsmethode mit ihren persönlichen Ansprüchen und Lebensumständen ab. Damit einher geht oft der Wunsch, den eigenen Körper und die eigene Fruchtbarkeit besser kennenzulernen und zu verstehen, um selbstbestimmter und sicherer verhüten zu können.
Möglichkeiten, die eigene Verhütung zu personalisieren, gibt es viele. Im Allgemeinen empfiehlt sich jedoch die Beratung durch einen Spezialisten. Insbesondere vor dem Absetzen der Pille sollte ein Arzt hinzugezogen werden, um die passende Lösung für die individuellen Bedürfnisse und Wünsche zu finden. Die folgenden Schritte helfen dabei:
- Reflektiere deine persönliche Situation: In welcher Phase meines Lebens befinde ich mich und wie sieht mein Lebensstil aus? Welche Gesundheitsrisiken habe ich (z.B. Rauchen, Übergewicht, Vorerkrankungen)? Besteht ein Kinderwunsch? Wenn ja, wann? Welche Bedürfnisse hat meine Partnerin bzw. mein Partner?
- Lasse dich von deinem Arzt über unterschiedliche Möglichkeiten und deren Nebenwirkungen aufklären.
- Informiere dich selbstständig. Achte darauf, dass es sich dabei um seriöse Quellen handelt.
- Verwende unterstützend neue Technologien, wenn du deinen Zyklus tracken und diesen dadurch besser verstehen möchtest. So kannst du deine Verhütung dementsprechend anpassen (z.B. durch natürliche Familienplanung oder Ovulations-Apps).
- Ziehe die Kombination mehrerer Methoden in Betracht, um die Sicherheit zu erhöhen und unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden (z.B. Kondom + Pille, Verhütungscomputer + Kondom).
- Überprüfe regelmäßig, ob die gewählte Methode noch deinen Lebensumständen entspricht und deine Ansprüche erfüllt. Sprich gegebenenfalls mit deiner Ärztin oder deinem Arzt über Anpassungen.
Trend 2: Hormonfreie Verhütung & natürliche Familienplanung
Die Entwicklung hin zur personalisierten Medizin verändert auch die gesellschaftliche Sicht auf häufig angewandte Kontrazeptiva wie die Pille. Diese wurde lange als ein Lifestyle-Präparat gesehen. In den letzten Jahren wuchs jedoch das gesellschaftliche Bewusstsein für die Tatsache, dass die Pille wesentlich in den Hormonhaushalt eingreift und auch mit schweren Nebenwirkungen einhergehen kann.
Welche Nebenwirkungen hat die Pille?
Die Pille ist eine sichere und wirksame Verhütungsmethode, die von vielen Frauen genutzt wird. Sie enthält Hormone, die die Ovulation unterdrücken und dadurch eine Schwangerschaft verhindern. Wie jedes Medikament kann sie jedoch auch Nebenwirkungen haben. Dazu gehören unter anderem Übelkeit, Kopfschmerzen, Gewichtszunahme, Hautunreinheiten oder Stimmungsschwankungen. Zudem gibt es seltenere, jedoch auch schwerwiegendere, Risiken, wie beispielsweise die Entstehung eines Blutgerinnsels. Bestimmte Risikofaktoren, wie das Rauchen oder Übergewicht, erhöhen hierbei das Thromboserisiko.
Auswertungen zeigen, dass immer weniger Frauen mit der Pille verhüten. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach hormonfreien Verhütungsmethoden.
Möglichkeiten für hormonfreie Verhütung sind:
- Barriere-Methoden: Dazu gehören beispielsweise Kondome, Diaphragma und das Lea-Symbol. Diese Methoden verhindern das Eindringen von Spermien in die Gebärmutter, indem sie eine physische Barriere bilden.
- Intrauterine Geräte (IUD): Zu diesen Verhütungsmitteln gehören unter anderem die Kupferspirale oder Kupferkette. Sie werden von einem Arzt in die Gebärmutter eingesetzt und beeinflussen den Eisprung, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Vor Geschlechtskrankheiten schützen diese T-förmigen Geräte jedoch nicht.
- Verhütungs-Apps: Es gibt viele Apps, die Frauen dabei helfen, ihren Eisprung und ihre fruchtbaren Tage aufzuzeichnen, um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu reduzieren. Diese Apps können zum tracken der körperlichen Anzeichen bei der natürlichen Familienplanung genutzt werden.
- Natürlich Familienplanung: Die natürliche Familienplanung beinhaltet die Verwendung von Verhütungsmethode, die auf der Beobachtung von Anzeichen für den Eisprung basieren, wie beispielsweise die Körpertemperatur und den Zervixschleim.
Achtung bei Verhütungs-Apps und natürlicher Familienplanung!
Bei der Verwendung von Apps und der natürlichen Familienplanung ist jedoch besondere Vorsicht geboten, wenn eine Schwangerschaft vermieden werden soll. Je nach Zyklusphase und Milieu können Spermien bis zu fünf Tagen im Körper der Frau überleben – nicht alle Apps berücksichtigen diese Umstände. Außerdem schützen diese Methoden nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten.
Trend 3: Mehr Verantwortung & Forschung an Möglichkeiten für Männer
Das Thema Verhütung betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Da Frauen jedoch mehr Methoden zur Auswahl haben, liegen die Verantwortung für die Anwendung und die damit verbundenen Kosten oft bei ihnen. Um eine gleichberechtigte Verhütung zu ermöglichen, ist es wichtig, dass sowohl Männer als auch Frauen über das Thema aufgeklärt werden und Zugang zu einer breiten Palette von Verhütungsmethoden erhalten. Zugelassene Verhütungsmethoden, die speziell für Männer entwickelt wurden, sind aktuell Kondome und Kondom-Kappen sowie die Vasektomie. Bei diesem chirurgischen Eingriff werden die Samenleiter durchtrennt, um eine Befruchtung zu verhindern.
Seit vielen Jahren gibt es immer wieder neue Ansätze und Forschungen rund um spezielle Verhütungsmethoden für Männer – der Durchbruch lässt jedoch noch auf sich warten. Vorhaben, an denen immer wieder geforscht wird, sind aktuell:
Die Pille für den Mann
Das Pendant zur Pille für Frauen ist schon seit vielen Jahren immer wieder Diskussionsthema: die „Pille für den Mann“. Dennoch gibt es noch keine zugelassene Lösung für Männer. Einige der Ansätze beinhalten die Verwendung von Hormonen, um die Spermienproduktion zu unterdrücken, oder die Verwendung von Antikörpern oder Peptiden, um die Beweglichkeit der Spermien zu beeinträchtigen. Nicht hormonelle Methoden, die in den letzten Jahren näher untersucht werden, sind die Verwendung von Ultraschallwellen oder Antikörpern. Allerdings sind diese Projekte noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase. Aktuell gibt es daher noch keine zugelassene Pille für den Mann.
Mechanische Ansätze
Weitere spannende Ansätze zur Verhütung für den Mann sind zum Beispiel Ventile, die in den Hoden implantiert werden. Diese Ventile verfügen über einen Schalter, der umgelegt werden kann. Je nach Stellung des Schalters werden die Spermien umgeleitet und der Mann ist fruchtbar oder nicht. Eine Ejakulation findet dennoch statt. Eine Zulassung ist jedoch noch nicht in Aussicht.
Hormon-Gel für Männer
In den USA wurde außerdem ein Hormon-Gel entwickelt, welches die Spermienproduktion unterdrückt. In einer ersten Studie konnten bereits ermutigende Ergebnisse erzielt werden: Von 100 Paaren, das ein Jahr lang lediglich mit dem Gel verhütete, wurde keine Frau schwanger.
SLO3-Kalium-Kanal als Dynamik-Blocker
Es geht jedoch auch ohne die Verwendung von Hormonen: Erst vor kurzem entdeckten Forscher eine neue Substanz, die Spermien gezielt ausschaltet, indem sie den sogenannten SLO3-Kanal blockiert. Der Weg zum fertigen Verhütungsmittel ist jedoch auch hier noch ein weiter.
SLO3-Kalium-Kanal
Dieser Inonenkanal bewirkt einen Ausstrom von Kaliumionen aus dem Spermium und führt dadurch zur sogenannten Hyperpolarisation (Änderung der Oberflächenspannung). Diese ist die Voraussetzung für das Verschmelzen des Spermiums mit der Eizelle. Studien haben gezeigt, dass Veränderungen im SLO3-Kalium-Kanal einen Einfluss auf die Spermiendynamik und somit auch auf die Fruchtbarkeit des Mannes haben.
Innovationen in der Empfängnisverhütung sorgen für mehr Sicherheit und Selbstbestimmung
In den letzten Jahren gab es zahlreiche gesellschaftliche Entwicklungen und medizinische Innovationen im Bereich der Empfängnisverhütung: Durch die allgemeine Entwicklung des Gesundheitssektors hin zur personalisierten Medizin wird es für Patientinnen und Patienten auch im Bereich der Verhütung immer wichtiger, ihre Methoden an ihre individuellen Anforderungen anzupassen. Im Zuge dessen zeigt sich eine gesteigerte Nachfrage nach hormonfreien Kontrazeptiva und Methoden wie der natürlichen Familienplanung. Auch Männern werden hoffentlich bald mehr Methoden zur Verfügung stehen. Diese Innovationen könnten dazu beitragen, dass die Verantwortung und Kosten beim Thema Empfängnisverhütung gleichmäßiger verteilt werden und mehr Menschen Zugang zu Informationen und unterschiedlichen Methoden erhalten.